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Introduction
Indianerfilm
Gojko Mitic
Spurensuche


(c) 1997-2001
   

Spurensuche
von Peter Feist

Kein anderes Genre gab es während 40 Jahre DDR-Filmgeschichte, daß kontinuierlich so erfolgreich war wie der "Indianerfilm". Der Indianerfilm, das waren insgesamt 12 Produktionen, gedreht zwischen 1966 und 1979.

Es waren keine Western, die da in Kooperation mit Studios aus Jugoslawien, Bulgarien, Rumänien und Kuba entstanden, und es hatten auch keine werden sollen. Sagen wir: Der klassische amerikanische Western beschreibt eine Landnahme, die der weiße Mann vollbrachte wie ein Pionier der ersten Stunde. Er war gelandet an der Ostküste, hatte dort ein Pferd bestiegen, war losgeritten - immer weiter gen Westen nun trieb er die "frontier" vor sich her. Der amerikanische Western ist ein einziger langer Ritt einsamer Männer, die sich erst dann ein Innnehalten gönnen können, wenn sie eine Aufbauleistung vollbracht haben. Folgerichtig handeln amerikanische Western auch stets von der Schwierigkeit des Daheim-Ankommens; auch dann, wenn etwa eine Gruppe Indianer mit Brandpfeilen auf das Blockhaus von Mary und Jim zielen.

Diese "Indianerfilme" nun nehmen die radikal umgekehrte Perspektive ein: Es ist zwar auch stets Ideologie mit im Spiel, wenn ein in einem sozialistischen Land produzierter Film den "Mythos Amerika" als Ausgeburt des Imperialismus beschreibt. Die aber damit begann, daß "der weiße Mann" auf seinem Ritt nach Westen zerstörte, was er vorfand - eine gewachsene Kultur. Die der Indianer, ausgerechnet eine, die so sehr auf dem Innehalten basierte.

Glücklicherweise kam es selten vor, daß der DDR-Indianerfilm die Sentimentalität der westdeutschen Karl-May-Verfilmungen mit umgekehrten Vorzeichen reproduzierte, daß etwa das Idyll eines Naturvolkes eingesetzt worden wäre gegen die romantische Beschwörung des Ausbruchs aus der provinziellen Enge, hinein ins Abenteuer Weite, wie er Karl May umgetrieben hat. Im DDR-Indianerfilm geht es immer auch um Politik. So, wie der Sozialismus in der Theorie ein funktionierendes Kollektiv sein wollte, so rückte der Indianerfilm in den Mittelpunkt des Blicks ein Figurenensemble. Was reichlich konträr steht zu den Bildern des Western: endlose Schießereien sieht man im DDR-Indianerfilm nur selten, dafür werden um so häufiger differenzierte menschliche Beziehungen beschrieben, Verhandlungen von Stammeshäuptlingen mit weißen Kommandeuren und Regierungsvetretern. Inklusive zum Beispiel den "guten" weißen Sheriff.

Unter diesen zum Teil sehr verwobenen Geschichten leidet mitunter der Zauber der Bilder. Mitunter schaut auch eine antiimperialistische Didaktik ganz offen hervor. Manchmal wiederum hat man das Gefühl, weit entfernt vom Western-Klischee, Kulturfilme zu sehen, die regelrecht ethnologische Spurensuche betreiben. Etwa so: Was haben diese Vereinigten Staaten verloren, da sie einst so viele Indianer ausrotteten?