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(c) 1997-2001
   

Ein DEFA-Indianer in Amerika
von Sabine Schneider
F.F. dabei, Nr. 6/97, 15.3. 1997

Gojko Mitic besuchte zum ersten Mal die Heimat der "Söhne der großen Bärin". Er wurde gefeiert wie ein Held. Seine Filme öffneten die Herzen von Häuptlingen und Medizinmännern.

Gojko was here! Der schönste, stärkste und mutigste Indianer der DEFA zu Besuch im Land seiner "Vorfahren". Zum ersten Mal stand der Schauspieler Frauen und Männern indianischer Abstammung im Amerika gegenueber. Er tanzte und lachte mit ihnen, lauschte ihren Erzählungen - und mutierte innerhalb weniger Tage vom Nobody zum Helden. "Sie haben mir eine Verehrung entgegengebracht, die überwältigend war. Ich wurde aufgenommen wie einer von ihnen", erzählt der 56jährige Serbe, der im Herbst 96 mit zwei DEFA-Indianerfilmen im Gepäck zu einem Festival der besonderen Art nach Seattle eingeladen war.

Die Idee stammte von zwei deutschen Freunden: Jens Wazel (32) aus Thüringen, der jetzt beim Computergiganten Microsoft in Seattle arbeitet, und Sven Hecker (31), Rundfunkjournalist in Berlin, der Amerika mehrfach bereiste. Als die beiden vor anderthalb Jahren mit amerikanischen Freunden zusammensaßen, schwärmten sie von ihrem Indianerfilm-Idol Gojko Mitic. Die Amis waren skeptisch, andererseits neugierig. Mit viel Organisationstalent und erheblichem finanziellen Einsatz haben es Jens und Sven ein Jahr später geschafft: Gojko Mitic wird am Flughafen Seattle von Indianern des Tulalip-Stammes begrüßt. Mit bunten Konstümen, Gesang und Trommelwirbel.

An den folgenden Abenden versammelt sich im Internet-Cafe "Speakeasy" ein buntgemischtes Publikum, um die beiden Filme "Die Söhne der großen Bärin" und "Apachen" zu sehen. Leute vom Stamm der Swinomish, der Swamish und der Ojibwa sind da, Dozenten, Studenten, Einwohner aus Seattle. Besonders die Indianer fühlen sich von den Szenen bestätigt wie vielleicht niemals zuvor. Weil sie nicht, wie in den meisten US-Western, ein Volk von Wilden sind, gesichtslose Reiter mit Pfeil und Bogen. Sondern Menschen mit einer eigenen, naturverbundenen, oft schmerzvollen Geschichte.

"Das ging ihnen runter wie Öl", erzählt Sven. Er sieht noch die kleinen Kinder mit leuchtenden Augen vor der Leinwand sitzen. Geschichtsunterricht live. Er hört die Zuschauer lachen, wenn unter langen Dialogen lediglich der englische Untertitel "Howgh-howgh!" zu lesen ist. Am meisten beeindruckt sie jedoch, daß es da irgendwo in einem fernen Land, von dem sie kaum je gehört hatten, Menschen gab, die sich mit ihrer Kultur ernsthaft auseinandergesetzt haben. Gojko ist ein Held für sie. Sogar Autogramme wollen die echten vom Filmindianer haben!

Dem Schauspieler wird erst hier bewußt, wie viele Klischees es immer noch über die Indianer gibt. "Natürlich war mir klar, daß sie heute nicht mehr in Zelten leben", sagt er. Ein Teil blieb in den Reservationen, viele siedelten sich am Rande der Städte an, besonders um Seattle herum. Im Einklang mit der Natur zu leben, wie es der Namensgeber der Stadt, Häuptling Sealth, einst wollte - das ist heute schwierig. Viele sind entwurzelt, arbeitslos, suchen Trost im Alkohol. Kaum einer spricht noch die Stammessprachen. Aber die Gäste aus Deutschland erfahren auch von der "späten Rache der Indianer" - einem Spielcasino auf ihrem Land, für das die Steuergesetze der USA nicht gelten.

Ein Mann, Richard Restoule, der die verschiedenen Indianerstämme zusammen"getrommelt" hat, beeindruckt Gojko besonders. Der freundliche Medizinmann, Stammesältester der "Ojibwa" und Schauspieler (u.a. "Ausgerechnet Alaska"), hat die Gäste zu sich nach Hause eingeladen. In eine Wohnung, die sich außer Reliquien wie Muscheln, Steine und bunte Decken kaum von einer "normalen" unterscheidet.

Richard nimmt Gojko auch zum Pow Wow mit, einem Tanz-und Singspektakel der Ureinwohner. Die farbenfrohen Bilder und Erlebnisse hat Gojko Mitic bis heute vor Augen, so den Moment, als ihm ein Häuptling eine handgewebte Decke überreichte. "Er sagte, es sei eine Gabe der Mutter Erde, und sie werde mich beschützen." Wie einen Schatz hütet der Wahlberliner auch die Halskette mit einem Türkisstein, die ihm eine junge Frau noch kurz vor der Abfahrt gab. Sie hatte das Geschenk ihres Bruders jahrelang beim Pow Wow getragen. "Für Indianer bedeutet es sehr viel, wenn sie eine so persönliche Sache verschenken", weiß Gojko Mitic.

Inzwischen bereitet sich der Schauspieler bereits auf seinen nächsten Indianer-Auftritt vor: als Winnetou in Bad Segeberg. "Ich will Richard unbedingt dorthin einladen..."

Wer mehr darüber erfahren möchte, sollte nach dem gerade erschienenen Buch "Gojko Mitic, Die DEFA-Indianerfilme" (Schwarzkopf & Schwarzkopf) fragen.